Keramikbremse

Keramik für die Bremse der Zukunft

Im neuen 911er Turbo stellt Porsche eine neuentwickelte Keramikbremse von. Neben vielen technischen Highlights kommt damit in diesem Sportwagen weltweit erstmals eine Keramik-Verbundbremsscheibe serienmäßig zum Einsatz. Und auch Mercedes-Benz testet den Werkstoff im Supersportwagen SLR.
Hat die herkömmliche Bremsscheibe ausgedient?
Herkömmliche Bremsscheiben   aus   Grauguss   besitzen  ausgewogene  Eigenschaften:   Festigkeit, Wärmespeicher- und Wärmeleitfähigkeit. Dazu sind sie noch sehr billig in der Herstellung. Andererseits stoßen sie im Segment der Hochleistungssportwagen an ihre Grenzen, wie Heißrubbeln, Fading, Korrosion, hohes Gewicht und beschränkte Lebensdauer zeigen.
Aus diesen Gründen ist als Alternative der Werkstoff Keramik im Bremsenbereich neuerdings heiß diskutiert: Keramik allein ist allerdings für ein sicherheitsrelevantes Bauteil inakzeptabel und so versuchen die Ingenieure keramische Materialien zu verstärken. Eine faserverstärkten Keramik gilt als aussichtsreichster Werkstoff für die Bremsscheibe der Zukunft.
Verschiedene Keramikmixes wurden untersucht
Schon seit Jahren werden keramikhaltige Materialien auf den Teststrecken der Autohersteller erprobt: “MMC” (Metal Matrix Composite) als partikelverstärktes Aluminium, “C/C” (Carbon/Carbon) als kohlefaserverstärkter Kohlenstoff und “CMC” (Ceramic Matrix Composite) als faserverstärkte Keramik. Als aussichtsreichster Hightech-Werkstoff für den Bremsenbereich gilt die Verbundkeramik CMC.
Sie besteht aus siliziertem Verbundmaterial: Faserbündel werden mit Füllmittel und Bindemittel gemischt, warmgepresst und mit flüssigem Silizium infiltriert. Die Vorteile gegenüber Bremsscheiben aus Grauguss liegen im geringen spezifischen Gewicht von 2,2 statt 7,1 Gramm pro Kubikzentimeter. Bremsenquietschen gehört der Vergangenheit an, da der Dämpfungsfaktor zehnmal größer ist. Außerdem reduziert ein sehr geringer Ausdehnungskoeffizient das so genannte Heißrubbeln.
Mercedes-Keramikbremse im SLR
Mercedes-Benz testet die mit Kohlenstofffasern verstärkte Keramik-Bremsscheibe im Supersportwagen SLR. Die Resonanz nach ersten Fahrten: Das Ansprechverhalten auch bei Nässe und die gebotene Verzögerung überzeugten ohne Vorbehalte.
Die Nase vorn hat aber wohl Porsche, jedenfalls wenn es um den Serieneinsatz geht: Als erster Automobilhersteller baut Porsche die Keramik-Verbundbremsscheibe schon im Spätherbst im neuen 911er Turbo ein. Damit wollen die Ingenieure von Porsche einen völlig neuen Standard in der Bremsentechnologie setzen, im Bereich Ansprechverhalten, Fadingstabilität, Gewicht und Lebensdauer. Das neue System heißt “PCCB" (Porsche Ceramic Composite Brake) und basiert auf einer Carbon-Matrix, Graphit und Silizium.
Porsche Turbo mit Keramikbremse in Serie
Mehr als 50 Prozent leichter als herkömmliche Bremsscheiben – bei etwa gleichem Durchmesser - bedeutet praktisch 20 Kilogramm weniger Fahrzeuggewicht bei einem 911er. Während zahlreicher Testrunden im Porsche-Forschungszentrum Weissach soll das neue Bremsen-System “ein absolut mustergültiges Verhalten" gezeigt haben. Kombiniert mit einem ebenfalls völlig neuen Bremsbelag aus einem Metall-Verbundwerkstoff, dessen Mixtur aber noch geheim gehalten wird, zeigte die Keramik-Bremsscheibe laut Porsche-Experten “sehr hohe und vor allem konstante Reibwerte während der Verzögerung".
Lange Lebensdauer für Bremsscheibe und -beläge
Und auch die Betriebstemperatur - bei Metall-Bremsscheiben ein entscheidender Faktor für den Bremsweg - spielt kaum noch eine Rolle: Weder im kalten noch im heißen Zustand machten Bremsscheibe oder -belag schlapp. Im Gegenteil: Durch den äußerst geringen Abrieb wird sie zur “life-time”-Scheibe, bei einer Lebenserwartung von etwa 300.000 Kilometern. So sensationell wie die Bremsscheibe sollen auch die entsprechenden Bremsbeläge sein, deren Kilometerleistung etwa doppelt so hoch sein soll wie bei herkömmlichen. Preis: etwa 15.000 DM.

Neue Werkstoffe für Bremsen in der Übersicht
Neue Bremsenwerkstoffe sind vielversprechend, haben aber nicht immer eine Zukunft. Die Bremsscheibe aus AI MMC etwa besteht aus bis zu 30 % Keramikpartikeln, hat eine geringe Dichte und eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Sie eignet sich nach Ansicht der Experten von DaimlerChrysIer für kleine, leichte Sportwagen. Anders der kohlefaserverstärkte Kohlenstoff (C/C), der auch in ICE-Bremssystemen eingesetzt wird. Seine Temperaturstabilität liegt bei 2000 Grad Celsius. Dieses System ist allerdings teuer. Außerdem haben sie Probleme mit tiefen Temperaturen. So gilt die faserverstärkte Keramik-Bremsscheibe CMC als Bremse der Zukunft.
Weitere Informationen: XIX.International Brake Symposium; VDI-Berichte; 419

 

Airbag in der Kopfstütze

 

Nach einem Verkehrsunfall machen Verletzungen an der Halswirbelsäule (HWS) und im Schulter- und Nackenbereich nicht nur den Betroffenen, sondern auch Ärzten und Versicherungen zu schaffen. Denn häufig verlangen Autofahrer wegen eines sogenannten Schleudertraumas Schmerzensgeld. Tatsächlich haben Mediziner am Institut für Rechtsmedizin der Uni München mehr als einhundert Gutachten zu HWS-Verletzungen ausgewertet, von denen nur jedes fünfte berechtigt war.
Falsch eingestellte Kopfstütze ist gefährlich
Die Ursache für ein HWS-Syndrom liegt oft bei der Kopfstütze, die in Design und Handhabung teils kompliziert ist: da ist die Kopfstütze zu niedrig eingestellt, der Abstand zum Kopf zu groß oder sie ist schlicht im Blickfeld des Fahrers.
Eine Lösung soll die Kopfstütze mit einem kleinen integrierten Airbag sein. Der Autozulieferer TRW Occupant Restraint Systems stellte auf der Tagung ”Airbag 2000” in Karlsruhe den Prototypen einer aufblasbaren Kopfstütze vor.
Statt flexible Rückenlehne besser Airbag
Saab, Volvo und Renault haben mittlerweile passive Systeme eingeführt, die im Crashfall die Kopfstütze zum Kopf hin bewegen, aktiviert von einer ausgelenkten Rückenlehne.
Alexander Heilig, Entwicklungsingenieur bei TRW: ”Ein passives System ist sicherlich hilfreich, offen bleibt jedoch die Frage, inwieweit dies für die Vermeidung von HWS-Verletzungen im Crashfall ausreichend sein kann.”
Grundlage der neuen Airbagentwicklung sind Studien und Versuche verschiedener Kopfstützenkonzepte, welche nach Effektivität, Sicherheit, sowie Kosten verglichen wurden.
Anforderungen an einen Kopfstützen-Airbag
Dabei stellten die Ingenieure fest: ein optimales System muss alle Insassengrößen und Positionen berücksichtigen und im Crashfall sehr schnell reagieren. Es muss auf allen Fahrzeugsitzplätzen einsetzbar sein und unabhängig von jeglicher Kopfstützenvoreinstellung die Verletzungsgefahr verringern. Es entstand eine Kopfstütze mit Airbagsystem, dass von einem Schaumblock umgeben ist.
Das Zündsignal fließt von der Fahrzeugcrashsensorik über ein Kabel in die Kopfstütze. Zündet das System bei einem Heckcrash, bläst ein pyrotechnischer Gasgenerator innerhalb von 30 Millisekunden einen 3-Liter-Luftsack sehr sanft auf.
Mehrere Lösungen möglich
Um Styling und Design möglichst offen zu halten, wählte man mehrere Konstruktionen: ein Kopfstützenüberzug aus Stretchmaterial, eine Kopfstütze mit Reißnähten und ein auswechselbares Luftkissen mit befestigtem Frontpolster, das vorne in die Kopfstütze eingeklipst wird. Alexander Heilig: ”Alle Varianten wurden in dynamischen Versuchen erfolgreich geprüft”.
Erfolgreich mit Schlittenversuch getestet
Gemeinsam mit der Technischen Universität Graz wurden mittlerweile etwa 170 dynamische Versuche mit Dummies und Freiwilligen gefahren. Ergebnis: Die Versuche zeigten eine deutlich niedrigere Halsbelastung, keiner der Testpersonen – Schlittenversuch bei 10 km/h - verletzte sich. Das aufblasbare Kopfstützensystem wurde subjektiv als komfortabel empfunden, ein Zündknall war nicht störend – das Crashknall der Versuchsanlage schien sogar lauter zu sein.
TRW entwickelt derzeit im Auftrag von Automobilherstellern weiter an dem System, “schon bald” sollen die ersten Pkw mit Kopfstützen-Airbag vom Band rollen.
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